Danke für den Artikel aus Österreich. Das betrifft unser Team nämlich besonders.
Seit mittlerweile 17 Jahren schwimmen wir im österreichischen Förder- und Festivalreigen mit. Und es ist extrem frustrierend, was man da so erlebt.
In jedem Antrag steckt so viel Arbeit und Zeit drin...
Faktisch ist das System Freunderlwirtschaftsmäßig durchzogen, die größeren Produzenten haben an die Förderstellen angedockt und saugen quasi das Gros der Fördergelder ab (egal ob Mann oder Frau). Wir haben jedes einzelne unserer Projekte durchgezogen, fertiggestellt und ins Kino gebracht, trotz lächerlich niedriger Förderungen (im unteren 4-stelligen Bereich) oder gar keiner Förderungen, es haben fast immer auch bekannte österreichische Darsteller in Nebenrollen mitgespielt (ohne Gage, wohlgemerkt), bei den letzten zwei Projekten hatten wir eine tolle Kamerafrau. Alles völlig egal solange man nicht als Produzent jemanden aus den Wiener Kreisen hat. Ohne die kommt man auch nicht an die ORF-Förderung und ohne diese hat man keine Chance, dass der ORF später mal die Ausstrahlungsrechte für einen österreichischen Film kauft. Was man da an Ausreden bei den Verhandlungen zu hören bekommt...
Auch die Fördergremien selbst sind oft genug eine Farce. Da sitzt dann u.a. jemand aus einer regionalen Produktionsfirma drinnen und beschließt mit wer gefördert wird und wer nicht.
Bei den Festivals läuft es ganz ähnlich ab - wir reichen seit 2006 bei der Grazer Diagonale ein (mittlerweile 7 oder 8 Filme aus verschiedensten Genres) und wurden immer abgelehnt, andere Kollegen ebenso. Liest man dann das Festivalprogramm durch, möchte man vor Wut aus der Haut fahren, was es da so ins Programm schafft. Eine Kollegin von mir (Regisseurin und Kamerafrau) war dann bei der Intendantin, weil auch ihre Einreichungen (wieder mal) abgelehnt wurden. O-Ton der früheren Intendantin: "Ich nehme nur Filme von Filmschaffenden ins Programm, die auf der Filmakademie waren - alle anderen betreiben das ja nicht ernsthaft." Gut zu wissen...
Die Intendantin ist mittlerweile zwar Geschichte, aber beim vorletzten Festival haben wir dann herausgefunden, dass unsere Einreichung nicht reinkam, weil ein Wiener Produzent einen TV-Krimi noch schnell ins Programm drücken konnte.
Jedenfalls kann sich jeder vorstellen, wie schwierig das ist. Aus dem Kurierartikel von oben erfährt man, dass zB beim ÖFI rund 28% der Herstellungsanträge von Frauen (Regie / Drehbuch / Produktion) eingereicht wurden aber man will nun eine 50/50 Förderquote einführen.
Sieht man sich den Tätigkeitsbericht des ÖFIs von 2020 (noch vor der Genderquote) an:
https://filminstitut.at/wp-content/uplo ... 20_WEB.pdf
Stoffentwicklung: Anträge 455 / gefördert 154
Projektentwicklung: 52 / 24
Herstellung: 76 / 30
Verwertung: 91 / 85
Anträge & Zusagen nach Schwedischem Berechnungsmodell:
Stoffentwicklung
Anträge (n=455) / Frauen 38% (n=173) / Männer 62% (n=282)
Zusagen (n=154) / Frauen 44% (n=68) / Männer 56% (n=86)
Zusagewahrscheinlichkeit bei Antrag: Frauen 39,3% / Männer 30,5 %
Projektentwicklung
Anträge (n=52) / Frauen 34% (n=18) / Männer 66% (n=34)
Zusagen (n=24) / Frauen 33% (n=8) / Männer 67% (n=16)
Zusagewahrscheinlichkeit bei Antrag: Frauen 44,4% / Männer 47,1 %
Herstellung
Anträge (n=76) / Frauen 28% (n=21) / Männer 72% (n=55)
Zusagen (n=30) / Frauen 40% (n=12) / Männer 60%(n=18)
Zusagewahrscheinlichkeit bei Antrag: Frauen 57,1% / Männer 32,7 %
Nach der Genderquote 50/50 hätte das dann so ausgesehen:
Stoffentwicklung
Anträge (n=455) / Frauen 38% (n=173) / Männer 62% (n=282)
Zusagen (n=154) / Frauen 50% (n=77) / Männer 50% (n=77)
Zusagewahrscheinlichkeit bei Antrag: Frauen 44,5% / Männer 27,3 %
Projektentwicklung
Anträge (n=52) / Frauen 34% (n=18) / Männer 66% (n=34)
Zusagen (n=24) / Frauen 50% (n=12) / Männer 50% (n=12)
Zusagewahrscheinlichkeit bei Antrag: Frauen 66,7% / Männer 35,3 %
Herstellung
Anträge (n=76) / Frauen 28% (n=21) / Männer 72% (n=55)
Zusagen (n=30) / Frauen 50% (n=15) / Männer 50%(n=15)
Zusagewahrscheinlichkeit bei Antrag: Frauen 71,4% / Männer 27,3 %